Ein hoffnungsvoller Fall

Ich habe ´mal einen Mann beerdigt, der mich durch seinen Glauben an Gott tief beeindruckt hat. Er war schon 94 Jahre alt und davon viele Jahrzehnte lang Christ. Einen Tag vor seinem Tod habe ich ihn besucht. Ich wusste nicht, dass es meine letzte Begegnung mit ihm sein würde. Er saß auf seiner Couch, schon mit einer brüchigen Stimme. Ganz schwach und schon sehr abgemagert lag er da. Und dann erzählte er mir von seinen Erlebnissen in Armenien, wie er damals Christ wurde. Am Schluss aber kam der für mich berührendste Moment. Er sang mir ein Lied in 7 Sprachen vor. Was für ein Augenblick! Ein Lied der Hoffnung, der Freude an Gott. Am nächsten Tag erhielt ich dann einen Anruf von seiner Nachbarin, die ihn tot im Bett gefunden hatte. In der Nacht nach meinem Besuch war Oski verstorben. Wie mag er wohl die letzten Minuten erlebt haben? In der Trauerfeier haben wir den Frieden und Trost Gottes gespürt. Es war weniger eine bedrückende Atmosphäre, sondern eher eine mit Dankbarkeit und Hoffnung erfüllte Abschiedsstunde. kerzeAls Pastor habe ich schon viele unterschiedliche Beerdigungen erlebt. Aber diese war sicher eine der hoffnungsvollsten – auch wenn wir natürlich traurig waren, diesen Mann mit seiner treuen und optimistischen Art nicht mehr unter uns zu haben. Aber manchmal erlebe ich als Christ selbst in so einer traurigen Stunde einen Hauch von Freude und denke mir: „Ja, dieser Mensch hat das Ziel erreicht. Er ist nun bei Gott ganz angekommen!“ Seltsam! Wieso brauchen Christen in solchen Situationen nicht zu verzweifeln? Durch die Auferstehung von Jesus Christus zu Ostern ist uns Hoffnung geschenkt. Christen glauben, dass Jesus als erster den Tod besiegt hat und uns damit verbürgt, dass es nach dem Tod auch weitergehen wird. In der Bibel sagt Jesus: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer mich annimmt, wird leben, auch wenn er stirbt.“ Das bedeutet: Mit dem Tod ist für uns eben nicht alles aus! Der Tod ist eine Durchgangsstation, die für Christen in ein neues, herrliches Leben führt. Die Auferstehung von Jesus Christus ist dafür die Garantie. Deshalb können Christen gelassen bleiben in ihrer Todesstunde – so schrecklich sie auch für jeden sein mag! Das ist ein Glaube, der wirklich trägt! Man kann verzweifelt, grausam oder friedlich sterben. Natürlich erleben auch Christen Schmerzen und Qualen, die manchmal unerträglich sind. Das ist ja nicht einfach weg, wenn wir an einen lieben Gott glauben, der uns beschützt und alles Schlimme von uns fern hält. Wir sind doch alle Gefahren und Bedrohungen und Schicksalsschlägen ausgesetzt, ob wir nun Christen sind oder nicht, ganz egal! Trotzdem gibt mir der Glaube an Gott einen festen Halt! Bei vielen kranken, alten und sterbenden Menschen habe ich als Seelsorger eine Kraft gespürt, die größer ist als jeder Schmerz. Nämlich die Gewissheit, bei Gott gut aufgehoben zu sein. Geborgen bei ihm, der sie auch einmal aufwecken wird zu einem ewigen Leben, wo es dann keinen Kummer mehr geben wird Das jedenfalls haben mir diese Leute so bezeugt, auch der alte Oski! Und das will ich auch glauben!

Rainer Platzek
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