Weihnachten – fröhlich oder besinnlich?

Neulich kam ich mit einer Spanischlehrerin aus Mexiko ins Gespräch. Ich fragte sie: „Wie feiert man denn in Ihrem Land Weihnachten?“ Sie antwortete: „Viel fröhlicher!“ – Das gab mir zu denken! Ich glaube, dass die Angelsachsen, also die Engländer und Amerikaner wie auch die Südamerikaner und Afrikaner viel, viel ausgelassener Weihnachten feiern als wir Deutschen und manche andere auf unserem  europäischen Kontinent! Da gibt es zu Weihnachten fröhliche Lieder wie „Jingle Bells“, blinkende und bunte Weihnachtsbäume und ausgelassene Tänze! Das ist uns fremd, bei den Christen auf anderen Kontinenten  doch  ziemlich normal. Ich kann das verstehen, denn schließlich ist Weihnachten – wenn man es als Geburtstagsparty von Jesus Christus versteht – ein fröhliches Fest mit allem Drum und Dran! Ich glaube, wir könnten uns etwas abgucken von der Fröhlichkeit der Angelsachsen, denn eine Geburtstagsparty feiert man ja auch eher fröhlich als traurig und würdevoll, oder? In der Bibel singt der Engel fröhlich vom Himmel:  „Hört mal alle her! Ich verkünde euch ganz große Freude, die gilt allen Menschen. Denn euch ist heute der Retter geboren, der ist Christus , der Herr, und der ist geboren in Bethlehem.“ (Lukasevangelium 2, 10 + 11).  Das bedeutet: Weihnachten ist ein riesengroßes Freudenfest! Warum nicht also mal fröhlich singen unter dem Weihnachtsbaum oder, ich sage mal verwegen: tanzen? Ein bisschen mehr Fröhlichkeit könnten wir vertragen – nicht nur die Rheinländer, auch die Sachsen!  Wir als Deutsche und Mitteleuropäer sind doch eher eine besinnliche Weihnacht gewohnt! „Stille Nacht, heilige Nacht!“  das ist unser Lieblingslied unter dem Tannenbaum! Wobei ja kaum einer weiß, woher dieses berühmte Lied stammt und wer das gedichtet hat. Können Sie ja mal googlen! Jedenfalls kommt es nicht aus dem Alten Orient und aus der Zeit, in der Jesus Christus geboren wurde. Da war es ja alles andere als hektisch und leise und still!  Die „Stille Nacht“ ist eine Illusion, vielleicht ein Wunschtraum, den wir alle in uns tragen. Etwas mehr Besinnlichkeit und Ruhe nach all der Hektik der Vorweihnachtszeit, den stressigen Einkäufen, den Vorbereitungen für den Heiligabend. Selbst am Weihnachtsabend gibt es noch Stress und  laute Geräusche: das Geklapper von Messern und Gabeln beim Essen von Kartoffelsalat und Würstchen. Die Geräusche und das Juchhu der Kinder und Enkel beim Geschenke auspacken.  Dabei womöglich das Weihnachtskonzert  im TV oder Radio oder von einer CD im Hintergrund. Haben Sie schon mal die herrliche Geschichte von Loriot´s „Weihnachten bei den Hoppenstedts“ gesehen? Wo am Ende  ein Spielzeugatomkraftwerk  explodiert ist? Also, das ist absolut nicht besinnlich und geräuschfrei! Aber: Wer hält heute schon aus, wenn es mal keine lauten Geräusche im Hintergrund gibt? Einfach nur dasitzen, nachsinnen über den Sinn des Lebens, ein Buch lesen oder ein Gläschen Wein trinken und sich mit seinem Partner oder seiner Partnerin unterhalten. In dem Wörtlein „Besinnung“ steckt ja auch das Wörtchen „Sinn“. Einfach mal innehalten und über den Sinn des Lebens nachdenken. Und wenn es nur ein paar wenige Augenblicke sind. Einfach mal aufatmen, STOP machen! Was soll denn das Ganze an Weihnachten mit der Tradition, den Liedern, den Geschenken? Was hat das mit mir zu tun?  Was kann ich damit anfangen für den Rest meines Lebens? Solche Augenblicke des Nachdenkens mögen bedeutsamer sein als rührselige Stimmungen, die kommen und wieder verfliegen. Sie sind wichtiger für mein zukünftiges Leben und helfen mir, den Wert meines Lebens zu begreifen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine fröhliche und auch besinnliche Weihnacht 2019. Beides ist wohl wichtig, keines ist besser als das andere! Freude und Nachdenken über das, was damals geschah und was uns heute immer noch ein schönes Weihnachten beschert. Das mögen Sie in diesem Jahr von ganzem Herzen erfahren.

Rainer Platzek
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