Das Leben wieder neu spüren

Die Dakota-Indianer kennen einen klugen Spruch: „Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, dann steig ab!“ – Eigentlich sollte das ja jedem klar sein, dennoch halten wir Menschen manchmal verbissen an etwas fest, was uns  längst in eine Sackgasse führt. Ich erinnere mich an eine kleine Geschichte, wo dumme Mäuse in einem Labyrinth dunkler Gänge hin- und her flitzen, um die ersehnte Vorratskammer mit dem Käse zu finden. Aber immer und immer wieder stoßen sie an Mauern und hauen sich ihre Köpfe blutig. Bis sich da ein besonders kluger Mäuserich mit der besten Schnüffelnase  auf den Weg macht, den Käse findet und die ganze Bande dorthin führt. Leider ähneln wir Menschen oft diesen dummen Mäusen, die immer dieselben eingefahrenen Wege entlang laufen, sich nicht verändern und das auch nicht wollen, dabei aber viele schöne Wege und Aussichten des Lebens verpassen. Sie sind so wie Urlauber, die immer an denselben Urlaubsort in dasselbe Hotel oder Ferienhaus fahren, sich 14 Tage lang an demselben Strand herum lümmeln, ohne die wahren Schönheiten einer Insel oder Landschaft entdecken zu wollen. Festgefahren in ihren Vorstellungen und Meinungen. Nicht offen für Neues. Es muss halt alles so bleiben, wie es ist!
Es ist schon manchmal erschreckend, wie viele „tote Pferde“ ich im persönlichen Umfeld reite, wenn ich das unter diesem Gesichtspunkt einmal genau überprüfe! In vielen Dingen und Entscheidungen, die ich treffen muss, haue ich mir buchstäblich meinen Kopf  blutig, weil ich damit immer anecke und mitten durch die Wand will. Anstatt mal einen neuen, unbekannten Weg einzuschlagen und mutig drauf loszugehen, um dann die Erfahrung zu machen, dass ich plötzlich eine neue Tür mit wundervollen Köstlichkeiten öffnet, die ich so noch nie kennengelernt habe. Mich ermutigt zu diesen neuen Wegen ein Satz aus der Bibel: „Gott gibt dir in deinem Leben viel Gutes – überreich bist du beschenkt! Wie sich bei einem Adler das Gefieder erneuert, so bekommst du immer wieder jugendliche Kraft.“ (Psalm 103, 5) – Also, das meint ja wohl, sich aufschwingen und  los fliegen, nicht immer im seinem persönlichen Adlerhorst hocken bleiben, die Welt mit ihren schönen Ecken entdecken, sich an Gottes Schöpfung erfreuen. Durch die Mauser bekommt ein Adler immer wieder neues Gefieder bis an sein Lebensende und kann sich so immer wieder hoch empor schwingen in die Lüfte. Ich wünsche mir das, mich so beflügelt „abheben“ zu können und nicht endlos ein „totes Pferd“ zu reiten. Das Leben ist so herrlich, und mit neuem Schwung und neuer Freude können wir auch so manches Schwere ertragen. Vielleicht ist das ja ein guter Tipp für die nun beginnende etwas trübere Jahreszeit!

Rainer Platzek
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