Was mich an einer Freikirche so fasziniert!

Als Familie waren wir gerade umgezogen. Unser neuer Vermieter lud mich und meine Frau ein, um uns näher kennenzulernen. Wir redeten über Gott und die Welt, und ich erzählte ihm von meinem Beruf als Pastor einer Freikirche. Da meinte er: „ Ah, eine Freikirche! Da ist sicherlich alles bei Ihnen f r e i!“ – Was sich doch manche Leute so vorstellen! Ich selbst bin seit je her mit einer Freikirche verbunden – mit den Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinden, landläufig auch als Baptisten bekannt. Von denen gibt es in Deutschland ca. 80.000 getaufte Mitglieder, weltweit über 42 Mio. in etwa 225 Ländern. Meine Urgroßeltern gehörten schon dazu, und ich fühle mich in der großen baptistischen Familie auch zeitlebens zu Hause. Manchmal habe ich mich gefragt, warum ich so gerne dazugehöre. Es sind da ein paar Besonderheiten, die mich begeistern. Die treffen vielleicht auch auf andere Kirchen oder Gemeinschaften mehr oder weniger zu, aber die machen uns gerade als Baptisten aus. Man nennt diese Dinge, die alle Baptisten auf der ganzen Welt verbinden, die Baptist Principals, die baptistischen Grundsätze:

  • Die Bibel als Gottes Wort

Mit der Bibel bin ich aufgewachsen. Eine Lutherbibel, die schon sehr in fast 40 Jahren gelitten hat, ist mir trotz Eselsohren und eingerissenen Seiten die Allerliebste. Eben meine persönliche Bibel, die ich gerne Tag für Tag lese und als Betriebsanleitung für mein Leben gebrauche. Die Baptisten waren seit je her eine Bibelbewegung und schöpften Kraft und Orientierung aus dem gemeinsamen Bibellesen.

  • Die Gemeinde der Gläubigen

Gerne bin ich in einer lokalen christlichen Gemeinde integriert. Da sind gläubige Menschen, die miteinander an Jesus Christus glauben, ihm folgen und sich zu ihm bekennen. Die gemeinsame Erfahrung motiviert mich und ist auch ein tragfähiges Fundament, wenn die Mitglieder sozial und kulturell unterschiedlich sind.

  • Die Taufe auf das Bekenntnis des Glaubens

Der freiwillige Entschluss, zu Jesus Christus zu gehören und das dann auch öffentlich in der Taufe zu zeigen, das ist wohl das eindeutigste Kennzeichen einer Freikirche. Bei uns wird niemand zum Eintritt gezwungen, sondern kann es frei entscheiden. In der Regel ist damit dann auch die Mitgliedschaft verbunden. Und wer einmal erlebt hat, wie glücklich ein Mensch aus dem Taufwasser heraufsteigt, der ist selbst zutiefst berührt.

  • Das allgemeine Priestertum aller Gläubigen

In unseren Gemeinden war es immer gang und gäbe, dass auch die Beteiligung der Laien mit ihren Gaben und Talenten einen hohen Stellenwert hatte. Es darf jeder mitarbeiten und mitgestalten – auch wenn er nicht wie ich ein Pastor ist! Und es gibt keine Rangordnung oder Hierarchie von Ämtern – geschweige denn Regeln, die von übergeordneten Institutionen verordnet werden.

  • Die Autonomie der örtlichen Gemeinde

Die über 800 Baptistengemeinden in Deutschland sind zusammengeschlossen im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Deutschland K.d.ö.R.. Trotzdem ist jede lokale Gemeinde selbständig in der Gestaltung ihres Gemeindelebens. Das schafft eine große Freiheit etwa in der Gestaltung der Gottesdienste, der Leitungsgremien, der Kassenverwaltung oder der Berufung von hauptamtlichen Mitarbeitern/-innen. Der Bund ist deshalb wichtig, damit auch missionarische und diakonische Projekte zusammen bewältigt und umfassende Ausbildungs- und Bildungsangebote ermöglicht werden können.

  • Glaubens- und Gewissensfreiheit

Seit 1648 treten Baptisten für die Religionsfreiheit ein, die auch eine Trennung von Kirche und Staat einschließt. Das bedeutet, dass ich als Mitglied meiner Kirche nicht gebunden bin an Steuern, die mir vom Gehalt automatisch abgezogen werden. Sondern ich kann frei entscheiden, wie viel ich spenden will, um die Verpflichtungen meiner Gemeinde zu unterstützen.

Das alles – und noch manches andere – macht es für mich attraktiv, Baptist zu sein. In diesem Monat feiern wir unser 100jähriges Gemeindejubiläum. Vielleicht haben Sie, wenn Sie in unserer Nachbarschaft leben, einmal Lust uns kennenzulernen. Stöbern Sie auf unserer Homepage, da gibt es nähere Informationen über unsere Freikirche in Schmiedeberg. Herzlich willkommen!

Rainer Platzek
Letzte Artikel von Rainer Platzek (Alle anzeigen)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert